ecoglobe Mail an SEK-FEPS, Schweizerischer Evangelischer Kirchenbund
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Persönliche Post an einflussreiche Personen könnte zu Änderung Führen.
E-Mail vom 5. Februar 2008 an
SEK-FEPS, Schweizerischer Evangelischer Kirchenbund.
Gesendet: Dienstag, 5. Februar 2008 10:31 An: SEK - FEPS Cc: Wipf Thomas Betreff: Bewertung des WEF Open Forums 2008...

Guten Tag,

In Ihrer Medienmitteilung vom 29.1.2008 schreiben Sie unter anderem:

"Aus Sicht der Veranstalter SEK und WEF wurden die Ziele des Open Forum Davos 2008 voll erreicht: einen öffentlichen Dialog zwischen Teilnehmenden des WEF und Expertinnen und Experten sowie der Bevölkerung ausserhalb des WEF ermöglichen; Meinungsbildung und die Suche nach Lösungen für zentrale Herausforderungen unserer Zeit zu fördern; und Positionen der Veranstalter und Ko-Organisatoren profiliert einzubringen.

«Mit dieser Dialogplattform ist es erfolgreich gelungen, Herausforderungen der Globalisierung zu benennen und gemeinsam Lösungsansätze zu finden. Wir haben Teilnehmende aus dem WEF in die Diskussion mit der Bevölkerung bringen können», so Thomas Wipf, Präsident des Rates SEK anlässlich seines Schlusswortes. «Der hohe Gehalt der Diskussionen und das grosse Interesse der Bevölkerung bestärken uns, diese wichtige Veranstaltung weiterzuführen», so André Schneider, Generaldirektor WEF."

In der Session 5 ("Braucht es Wirtschaftswachstum für mehr Nachhaltigkeit?") war das leider nicht der Fall. Im Gegenteil. Herr Dirk Schütz verfehlte seine Aufgabe als Diskussionsleiter gänzlich. Zuerst forderte er alle Podiumsteilnehmer auf, sich zu der allgemeinen Weltwirtschaftssituation zu äussern, was nichts mit der Fragestellung der Veranstaltung zu tun hatte. Als man dann endlich nur halbwegs zur Thematik kam, glänzten die Podiumsteilnehmer durch wissenschaftlich nachweisslich falschen Aussagen und solche, die an der vorgegebenen Thematik vorbeigingen.

Von einer Diskussion kann keine Rede sein, wenn ein Mitglied des Publikums nur Fragen stellen kann und die PodiumsteilnehmerInnen dürfen dann diskussionslos ihre Meinungen vertreten.

Die PodiumteilnehmerInnen waren Wirtschaftsvertreter und diese sind keineswegs Spezialist in Sachen ökologischer Nachhaltigkeit.

Unverständlich ist es, warum bei solchen Themen keine WissenschaftlerInnen eingeladen werden, sondern nur Vertreter der Disziplin der Wirtschaftswissenschaften und des politischen Establishments. Auch die Australierin, Vertreterin der Gewerkschaften, muss dazu gezählt werden. Herr Schütz sagte in aller Naivität am Schluss, dass alle damit einverstanden waren, dass Wachstum nötig ist, was der Wahrheit nicht entsprach.

Natürlich ist es ganz im Sinne des Interessenverbandes WEF, nur solche Podiumsteilnehmer zu haben. Aber wo liegt das Interesse der SEK?

Ob Wachstum nötig ist für Nachhaltigkeit wurde gar nicht diskutiert. Die Podiumsteilnehmerinnen und die Fragensteller aus dem Publikum drifteten ab in allgemeinere politische und wirtschaftliche Fragen. Die Nachhaltigkeitsfrage wurde, wie die fast immer passiert, auf Klimawandel und dann auf alternative Kraftstoffe verkürzt.

Den Vogel vollends abgeschossen hat der Herr Ricardo Hausmann, der frischfröhlich behaupten konnte, dass es genügend Land und Natur und Wasser gibt um die ganze Welt mit Biotreibstoffen zu versorgen. Der Club of Rome und Malthus mussten dafür herhalten, dass alle Warner nur Pessimisten sind. Dabei wurden Malthus und "The Limits to Growth" nie widerlegt. Im Gegenteil. Es sieht immer mehr danach aus, dass die Menschheit bald Ihre letzten Grenzen erreicht hat und in vielen Bereichen bereits weit überschritten.

Diese Session war nach ökologischen und diskussionstechnischen Kriterien also kein Erfolg.

Ich denke schon, dass der Kirchenbund SEK gutes vorhat. Aber es erscheint ökologisch kontraprodutiv, eine Veranstaltung zusammen mit dem WEF zu organisieren. Herr Klaus Schwab und sein Club sind für "die Verbesserung des Zustandes der Welt" aber Ihre Politik dient faktisch nur dem Geschäft. Dagegen ist nichts einzuwenden, wäre es nicht, dass die Flagge die Ladung nicht deckt. Herkömmliches Geschäften kann die Erde nicht vor dem Untergang retten. Zusammenarbeit mit dem WEF in Sachen Nachhaltigkeitsdiskussion dient auf diese Weise schlussendlich nur den Werbezielen des WEF.

"Nachhaltig" ist eine Gesellschaft, wenn sie unverändert lange so weitergeführt werden kann. Da die Welt und ihre Rohstoffvorräte endlich sind, ist Wachstum von vornherein nicht nachhaltig. Nachhaltiges Wachstum und dergleichen sind nicht möglich. Dieses Faktum kann ich Ihnen gerne in allen Einzelheiten darlegen. Bereits die Fragestellung ist also ideologisch eingefärbt. Die Wahl der PodiumsteilnehmerInnen und das frontale Format machten, wie bereits oben gesagt, eine sachkundige Diskussion unmöglich.

Ein WEF, dass mit seinen Eingeladenen immer für weitere Wirtschaftsexpansion wirbt und wirkt, fördert in Tat und Wahrheit jene Prozesse, die zu einer weiteren Destruktion unserer Welt führen. Das vorhersehbare Ende sind Endzeitkriege um das letzte Trinkwasser und das letzte Essen.

Bitte glauben Sie mir, dass ich diese Zeilen nicht nur so hinschreibe, aus Frust oder so. Ich bin ein ernsthafter Umweltwissenschaftler und kann Ihnen versichern, dass ich jedes Wort weiter begründen kann. Ich bin bei weitem nicht der einzige, der diese wissenschaftlich begründete Meinung vertrete. Nur kommen wir andersdenkende nicht zu Worte. Wenn die Diskussion von vornherein voreingenommen ist und von den Meinungsführern so eingerahmt ist, können sie lange unter sich weiterreden und nicht merken, dass der Herrscher am Ende keine Kleider an hat.

Jedes Jahr wird die Erde relativ kleiner, weil es mehr Menschen gibt, die alle ernährt werden wollen und Unterkunft und Arbeit brauchen. Jedes Jahr gibt es weniger Rohstoffvorräte, mehr Abfall und und und. Dennoch meinen die MeinungsführerInnen in Politik und Wirtschaft, man könne und solle immer weiter expandieren (wirstschaftlich wachsen). Solche Meinungen und Hoffnungen auf künftige Erfindungen helfen uns dabei leider nicht weiter. Die Wachstumspolitik ist suizidär für die Menschheit.

Ich bin gerne bereit, in einem persönlichen Gespräch Einzelheiten und Fakten über Wirtschaftswachstum und Umweltbelastung zu besprechen. Ich habe auch genaue Vorstellungen darüber, wie man eine wirklich Debatte unter mehreren TeilnehmerInnen gestalten kann, die sachlich richtig ist und weiterführt.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und feue mich auf Ihre Reaktion.

Mit freundlichen Grüssen,

Helmut Lubbers
Umweltwissenschaftler

-- Helmut Lubbers, BE MSocSc DipEcol
ecoglobe - ecology discovery foundation
+41 22 3212320 helmutecoglobe.ch
http://ecoglobe.ch/


Helmut Lubbers ecoglobe.ch> 30 September 2008 21:56 Reply-To: helmut@ecoglobe.ch
To: Hella.Hoppesek-feps.ch


Sehr geehrte Frau Hoppe,

besten Dank für Ihre Mail. Ich bin alleinstehend und wegen meiner Tageseinteilung oftmals ganztags nicht zu Hause. Es würde mich freuen, wenn Sie mich nochmals anrufen würden, am bestens morgens. Zur Zeit - ich habe wechselnde Verpflichtungen, ginge das am ehesten am Dienstag- und Mittwochmorgen nach 9:15 und Freitagmorgen nach 9:45 Uhr.

Wissen Sie, wenn ich der einzige wäre, der meint wir stehen am Rande des Abgrundes, würde ich vielleicht schweigen. Aber es gibt viele Leute, die diese Problematik gleich anschauen, sowohl Wissenschaftler als auch ganz normale ArbeiterInnen. Nur bei den MeinungführerInnen, die in den Medien whargenommen werden und die an Podiumsdiskussionen immer das letzte Wort haben, herrscht das grösste Unverständnis.

Zu der selbstmörderischen Wachstumspolitik kommen auch noch die Folgen des Klimawandels und die Umbrüche und Knappheiten nach Überschreiten vom Ölfördermaximum hinzu.

Als Wissenschaftler und Vater und Grossvater habe ich nur meine Ehre zu verlieren.

Wie Herr Schwab und Konsorten Wirklichkeit und Ideologie in ihren Hirnen koordinieren ist mir ein Rätsel, trotz Psychologiestudiums, vielleicht kristalline Intelligenz?

Vergleichen Sie dazu vielleicht das Glossar, das ich neulich hier aufschaltete: http://ecoglobe.ch/sustain/e/glos8830.htm.

Wenn sie mir kurz schreiben, wann Sie anrufen, kann ich schauen, dass ich da bin.

Mit freundlichen Grüssen ... Helmut Lubbers
Siehe zum Ölfördermaximum: IEA 2010 World Energy Outlook The production peak was reached in 2003
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