ecostory 19-2006
Wale und die Schadstoffbelastung der Weltmeere - f | e

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Teil eines Berichtes von Mark Livingston auf
Radio DRS International vom 18.6.2006

[...]Panini, der die Schweiz bei der internationalen Walfangkonferenz auf der Karaibikinsel St. Kitts & Nevis [www.iwcoffice.org/index.htm] vertritt.

Der internationale Walschutz wird also vorerst nicht aufgeweicht. Doch das heisst längst nicht, dass die bedrohten Tiere damit sicher sind. Denn ihr Lebensraum, die Meere, wird für sie durch Verschmutzung und Überbenutzung immer gefährlicher, wie DRS Wissenschaftredaktor MarkLivingston berichtet.

Wie verschmutzt die Weltmeere wirklich sind, weiss niemand genau. Bis heute fehlt es an systematischen globalen Studien zum Ausmass der Verseuchung der Ozeane mit Umweltgiften. Doch die Hinweise mehren sich, dass die Weltmeere bis in grossen Tiefen durchsetzt sind mit chemischen Rückständen. Sogar in Walen in weit abgelegenen Gebieten haben Forscher hohe Konzentrationen an schwer abbaubaren organischen Schadstoffen gefunden, etwa von sogenannten polichlorierten Biphenylen, eine typische Industriechemikalie, und grosse Mengen des Inzektizid DDT.

Auch dass sich Schwermetalle wie Quecksilber oder Blei im Gewebe der Meeressäuger ansammeln können, haben Forscherinnen und Forscher in jüngster Vergangenheit verschiedentlich nachgewiesen. Diese Stoffe reichern sich im Fettgewebe der Wale anund werden durch den Stoffwechsel kaum abgebaut. Der Chemikaliencocktail in den Weltmeeren trifft besonders fischfressende Zahnwale schwer. Sie befinden sich am Ende der Nahrungskette und nehmen all das bereits in den erbeuteten Fischen angesammelte Gift in sich auf. Und das ihr Leben lang. So kommen die aussergewöhnlich hohen Konzentrationen der Schadstoffe zu Stande.

Das könne für Wale gravierende Konsequenzen haben, sagt David Senn, Meeresbiloge an der Universität Basel und Mitglied des wissenschaftlichen Komites der internationalen Walfangkommission.
    "Wir vermuten, dass die Schadstoffbelastungmit verschieden Giften die Immumsysteme der Wale untersetzt und auf diese Weise Entzündungen gehäufter auftreten."
Entzündungen, die den Walen nicht nur wichtige Kraft für ihre Nahrungsstreifzüge durchs Meer rauben, sondern gar dazu führen können, dass die Tiere ihre Orientierung verlieren und stranden, zum Beispiel wenn die Gehörgänge erkranken.

Denn mit ihren Gesang können sich die Meeressäuger nicht nur über Hunderte von Kilometern verständigen. Auch ihre Orientierung im Ozean bauf auf solche Laute auf. Die von den Walen abgesonderten Schallwellen werden je nach Topographie des Meerebodens, etwa von Inseln oder Unterwassegräben, unterschiedlich zurückgeworfen und die Wale deuten das Echo, dass auf ihre Ohren trifft.

So ausgeklügelt diese biologische Radar ist, so empfindlich ist er auch. Neben den Umweltgiften macht den Walen zunehmend auch die Lärmbelastung, die akustische Verschmutzung, zu schaffen. Zum einen ziehen immer grössere und schnellere Schiffe von Küste zu Küste und sorgen mit ihren Motoren für drönenden Lärm unter Wasser. Zum andern lösen Erdölunternehmen für Ihre seismischen Erkundungenmassenweise künstliche Explosionen aus, auf der Suche nach neuen Ölvorkommen.
    "Es gibt jetzt Arbeiten, die zeigen, dass Wale beginnen Umwege zu schwimmen wenn irgendwo viele von diesen Impulsen bei der Ölsuche stattfinden und dass das wahrscheinlich auch die Massenstrandungen fördert weil den Tieren Schäden an den Ohren passieren, am Gehör und dass das Verhalten möglicherweise auch das Sozialverhalten gestört wird."
Besonders umstritten sind seit einiger Zeit militärische Sonarsysteme. Die US-MArine schickt regelmässig mit riesigen Lautsprechern Schallwellen aus, quer durch die Ozeane, mit dem Ziel U-Boote zu orten. Immer häufiger verwendet sie ausgesprochen tiefe Töne, sogenannte niederfrequente Schallsignale. Der Vorteil: niederfrequente Schallwellen klingen nur langsam ab. Denn je tiefer die Frequenzen, also je tiefer der Ton, desto weiter lässt er sich tragen. Und weil Wasser den Schall acht Mal besser leitet als Luft, breitet sich der Lärm in den Ozeanen sehr viel weiter aus als dies am Land der Fall wäre. Die Sache ist nur, damit begeben sich die Militärs in den Frequenzbereich der Wale.
    "Militärische Sonars, die gehen über Tausende von Kilometern und wenn wir heute wissen, dass zum Beispiel Buckelwale aus dem Wasser springen und sich breitseitig ins Wasser fallen lassen, dass das eine Kommunikationsmethode ist; dass dieser Schal für andere Buckelwale adressiert ist und dass das zum Teil durch viele Hunderd Kilometer gedacht ist oder gar vielleicht über Tausend Kilometer, dann können wir uns vorstellen, wie unsere menschlichen Geräusche da wahnsinnige Schäden verursachen können."
Allerdings, ein wissenschaftlich eindeutig erhärteter und unbestreitbarer Zusammenhang zwischen Walstrandungen und militärischen Sonaranlagen steht nach wie vor aus. Doch die Hinweise verdichten sich zunehmend. Die internationale Walfangkommission könne die Wale angesichts dieser wachsenden Belastung durch Gifte und Lärm folglich nur sehr bedingt schützen, sagt David Senn. Denn, Moratorium hin oder her, der Walfang, schliesst der Meerebiologe, mache für die grossen Meeressäuger letzlich nur einen Bruchteil der Bedrohung aus.
    "Das ganz grosse Hauptproblem ist nicht der Walfang sondern das ist die Überbelastung des Meeres durch den Menschen."

Abschrift der Sendung International: Helmut Lubbers, 19.6.2006
"Die Beweise stehen noch aus" Ein billiges Argument. Das Vorsorgeprinzip zählt nicht. Ich bin 64. Lange, sehr lange erinnere ich mich, haben wir das Meer bereits als billige Entsorgungsmöglichkeit für unsere Abfälle betrachtet. Radiaktive Abfälle, Giftstoffe aller Art, sogar in der Ostsee, einem kleinen Binnenmeer. Mir scheint, dass nicht nur die Gewässer, sondern auch das Land und die Luft immer noch weiter von unseren Giftstoffen belastet werden, von Pflanzengiften, Abgasen und trotz aller Beteuerungen immer noch steigenden CO2-Mengen. Wahrlich schwer zu glauben, dass der Mensch ein vernunftbegabtes Wesen ist. Die Profitgier und die Ideologie des wiirtschaftlichen Wachstums machen alle Vorsorgeanstrengungen zunichte.
Helmut Lubbers, 19 Juni 2006
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